
Neben den Behandlungsschritten im Kinderwunschzentrum fragen sich viele, ob sie selbst noch etwas tun können. In manchen Bereichen gibt es tatsächlich Ansatzpunkte und das meiste davon betrifft den Lebensstil. Ganz konkret heißt das: nicht rauchen, keine Drogen nehmen, sich regelmäßig entsprechend dem eigenen Fitnesslevel bewegen und ausgewogen ernähren.
Während Rauchen und Drogenkonsum die Fruchtbarkeit direkt beeinflussen, sieht es bei Ernährung und Bewegung etwas anders aus. Mit einer ausgewogenen Ernährung bekommt Ihr Körper die Nährstoffe und Vitamine, die er braucht. Es gibt keine spezielle Kinderwunschdiät, bestimmte fruchtbarkeitssteigernde Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel, mit denen eine Schwangerschaft schneller eintritt. Mit einer vollwertigen und ausgewogenen Ernährung schaffen Sie jedoch eine gute Grundlage für eine Schwangerschaft.
Bei der Bewegung geht es um Ihr Wohlbefinden und die positive Wirkung insbesondere von Ausdauersport (langsames Joggen, schnelles Gehen, Schwimmen oder Rad fahren) auf alle Organsysteme und den Gesamtgesundheitszustand. Auch hier gibt es keinen speziellen „Kinderwunsch-Sport“, der eine Schwangerschaft wahrscheinlicher macht. Nur Leistungssport von mehr als fünf Stunden pro Woche wirkt sich nach derzeitigem Erkenntnisstand nachteilig auf die Fruchtbarkeit aus. Eine Kinderwunschbehandlung kann anstrengend und belastend sein. Sich regelmäßig zu bewegen hilft, Anspannung abzubauen und Sie können Bewegung auch als Baustein nutzen, um Wartezeiten zu strukturieren.
Sex in der Kinderwunschzeit
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, an den fruchtbaren Tagen Sex zu haben. Das weiß im Grunde jede und jeder, aber in der Praxis ist das nicht immer leicht umzusetzen. Eine Kinderwunsch-Behandlung beeinflusst immer auch die Partnerschaft. Oft wird es schwierig, Sexualität noch lustvoll zu erleben. Manchmal gibt es Konflikte. Viele Paare wachsen trotzdem noch enger zusammen.
Bei Sex nach Kalender (oder auch Verkehr zum Optimum) kann es sein, dass der Spaß und die Lust am Sex weggehen. Vor dem Kinderwunsch waren Spaß, Lust und der Wunsch nach Intimität die Auslöser. In der Kinderwunschzeit gibt der Kalender nun den Takt an. Hier kann es helfen, eine gedanklich zwischen „Sex aus Spaß“ und „Sex für ein Kind“ zu unterscheiden [mehr dazu hier im Podcast mit Prof. Falk Ochsendorf]. Vielen Paaren fallen ganz offene Gespräche über Sexualität schwer, aber wenn an den Sex nach Kalender nicht der Anspruch gestellt wird, dass Lust und Genuss gleichzeitig hoch sein müssen, kann es viel leichter sein. Versuchen Sie darüber zu sprechen, wie der Mann am schnellsten zu Orgasmus in der Vagina der Frau kommen kann. Wenn Sie gemeinsam darauf hinarbeiten, kann auch Sex nach Kalender verbindend wirken, wenngleich natürlich mit einer geringeren emotionalen Tiefe, wie Sie es sonst vielleicht gewohnt sind.
Krisenstimmung?
Es ist oft nicht einfach, in der anstrengenden Zeit der Behandlung dem anderen zu sagen, was einen bewegt oder welche Unterstützung man sich wünscht. Manchmal macht sich Schweigen breit, weil man heimlich oder unbewusst dem anderen die Schuld an der ungewollten Kinderlosigkeit gibt oder sich selbst allein verantwortlich fühlt. Oder man quält sich mit dem Gedanken, dem anderen wäre ein Kind weniger wichtig, oder hat vielleicht Angst, verlassen zu werden, wenn das ersehnte Kind nicht kommt. Die psychisch und körperlich anstrengenden medizinischen Behandlungen können solche Gedanken und Ängste zusätzlich verstärken.
All dies kann dazu führen, dass sich das Paar aus dem Blick verliert, Konflikte nicht mehr anspricht und nur noch das eine gemeinsame Ziel zählt: ein eigenes Kind.
Verständnisvolle Kommunikation
Die Gefühle, Wünsche und Ängste der Partnerin oder des Partners zu kennen, ist jedoch wichtig – auch wenn sie von den eigenen abweichen. Unsicherheit, Konflikte und Streit lassen sich leichter vermeiden oder bewältigen, wenn es gelingt, einander besser zu verstehen und die Haltung des anderen zu respektieren. Dann sind auch Kompromisse eher möglich.
Wenn Paare sich wegen der Kinderlosigkeit häufiger streiten, sollten sie versuchen:
- eine negative Stimmung nicht eskalieren zu lassen, sondern mit dem Partner oder der Partnerin darüber zu sprechen.
- der Partnerin oder dem Partner keine Vorwürfe zu machen, sondern die eigenen Wünsche zu äußern und dabei unterschiedliche Vorstellungen erst einmal zu akzeptieren.
- eher über die eigenen Gefühle zu sprechen und nicht die des Partners oder der Partnerin zu analysieren.
- bei anhaltenden Konflikten einen neutralen Gesprächspartner zu finden, zum Beispiel eine psychologische Beratung.
- die Kinderlosigkeit nicht mit „Schuld“ in Verbindung zu bringen.