Wie kann ich reagieren, wenn ich gefragt werde, warum ich keine Kinder habe?

Bei Menschen, die uns nicht so gut kennen, könnten dies Fragen wie „Hast Du Kinder?“ oder „Möchtest Du Kinder haben?“ sein. Bei Menschen, die uns besser kennen, kommt oft die Frage nach dem Grund für die Kinderlosigkeit auf. Typische Fragen sind in diesem Fall „Wann ist es denn bei Euch so weit (mit dem Nachwuchs)?“ oder „Wieso hast Du eigentlich (noch) kein Kind?“.

Nachdenkliche Frau ohne Kinder bei einem Kaffee
© iStock/Nicoleta Ionescu

In diesem Artikel wird die Metapher des Schiedsrichters genutzt, um drei verschiedene Antwortmöglichkeiten für den Umgang mit diesen potenziell schwierigen Situationen vorzustellen. Mithilfe des Karten-Systems können Betroffene wie Schiedsrichter wählen, welche Karte sie ziehen und wie sie auf die Frage, warum sie keine Kinder haben, reagieren. Es gibt für unterschiedliche Situationen drei verschiedene Karten in den Farben grün, gelb und rot. Diese Schiedsrichter-Karten helfen dabei, sich für schwierige Situationen gewappnet zu fühlen. Sie machen es möglich, auch mit den schwierigen Fragen zum Thema des unerfüllten Kinderwunsches selbstsicher umzugehen. 

  • Die grüne Karte: Offenheit im Umgang mit dem eigenen Kinderwunsch
  • Die gelbe Karte: Klare Grenzen beim Thema Kinderwunsch
  • Die rote Karte: Der Kinderwunsch als Geheimnis

Warum sollte ich mich auf schwierige Fragen zu meinem Kinderwunsch vorbereiten? 

Betroffene eines unerfüllten Kinderwunsches werden durch Fragen zum Kinderwunsch häufig in schwierige Situationen gebracht. Dahinter verbirgt sich keine böse Absicht. Es kann jedoch schmerzhaft sein, so unmittelbar und häufig unvorhergesehen mit dem Thema des unerfüllten Kinderwunsches konfrontiert zu werden. Um sich in diesen Momenten nicht überfordert zu fühlen und aus dem Affekt zu antworten, ist es sinnvoll, sich im Vorhinein über Antworten auf diese schwierigen Fragen Gedanken zu machen. So können Sie verhindern, dass Sie aus einer Überforderung heraus unüberlegt zu viel über den eigenen Kinderwunsch preisgegeben und sich im Nachhinein darüber ärgern. Denn: Es ist immer möglich, später noch mehr von den persönlichen Erfahrungen zu erzählen; Gesagtes zurückzunehmen geht jedoch leider nicht. 

Die grüne Karte: Offenheit im Umgang mit dem eigenen Kinderwunsch

Die grüne Karte ist für Situationen gedacht, in denen Sie sich damit wohlfühlen, offen über Ihren Kinderwunsch zu sprechen. Eine konkrete Antwort könnte zum Beispiel so aussehen: „Wir haben versucht, auf natürlichem Weg ein Baby zu bekommen. Leider hat das nicht funktioniert. Zum Glück gibt es medizinische Unterstützung, die wir momentan in Anspruch nehmen, um hoffentlich bald ein Baby zu bekommen. Die Kinderwunschzeit ist ein emotionales und belastendes Thema für mich und oft fühle ich mich gestresst durch die Behandlung.“ Durch eine solche Antwort geben Sie Einblick in die Umstände der Kinderwunschbehandlung sowie in Ihre mentale Verfassung. 

Die grüne Karte ermöglicht dem Gegenüber, Anteil an der schwierigen Situation des unerfüllten Kinderwunsches zu nehmen und beispielsweise auch ein Unterstützungsangebot auszusprechen. So kommt es im besten Fall zu einer mitfühlenden Reaktion seitens des Gesprächspartners oder der Gesprächspartnerin. Es kann guttun, mit der eigenen schwierigen Situation gesehen zu werden und andere Menschen mit einzubeziehen. 

Drei Ampeln nebeneinander auf Rot, Gelb und Grün
© iStock/venakr

Die gelbe Karte: Klare Grenzen beim Thema Kinderwunsch

Wenn Sie sich nicht damit wohlfühlen, ganz offen über Ihren Kinderwunsch zu sprechen, ihn aber auch nicht verheimlichen möchten, ist die gelbe Karte eine gute Option. Eine Antwort auf der gelben Karte könnte folgendermaßen aussehen: „Das Kinderwunschthema ist schwierig für uns, daher nehmen wir Unterstützung in Anspruch. Wir sind diesbezüglich gut aufgestellt, aber ich möchte über die Details nicht gerne sprechen.“ Mit einer solchen Antwort wird deutlich, dass das Thema des Kinderwunsches kein leichtes Smalltalk-Thema für Sie ist. So können Sie Ihre Grenzen deutlich machen, ohne eine unehrliche Antwort zu geben.

Durch die gelbe Karte versteht Ihr Gegenüber, dass das Kinderwunschthema für Sie schwierig ist und dass Sie hier eine Grenze setzen, die respektiert werden sollte. Somit hat die Person die Chance, zukünftig ihr Verhalten anzupassen (z.B. keine weiteren Fragen mehr zu stellen) und auf Ihr Bedürfnis einzugehen, keine Details über den Kinderwunsch preiszugeben.

Die rote Karte: Der Kinderwunsch als Geheimnis

Die rote Karte können Sie nutzen, wenn Sie gar keine Informationen über Ihren Kinderwunsch preisgeben möchten. Dies könnte zum Beispiel im Arbeitskontext sein oder im Kontakt mit Menschen, die Ihnen nicht nah stehen. Hierfür gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist, ganz klarzumachen, dass der Kinderwunsch ein schwieriges Thema ist, über das Sie jedoch gar nicht sprechen möchten. Dies könnte beispielsweise so aussehen: „Das ist wirklich ein sehr privates Thema, darüber möchte ich überhaupt nicht sprechen. Können wir bitte das Thema wechseln?“ Mit dieser Antwort wird die andere Person wahrscheinlich dem Wunsch nachkommen, nicht über das Thema zu sprechen, wird aber zeitgleich auch mitbekommen, dass das Kinderwunschthema für Sie schwierig ist. 

Durch die rote Karte versteht Ihr Gegenüber, dass Sie über dieses Thema nichts preisgeben möchten. Trotzdem kann es sein, dass genau deshalb Nachfragen aufkommen, weshalb es wichtig ist, bei der roten Karte sehr deutlich zu sein. Das kann manchmal unangenehm sein, denn beim Gegenüber entsteht oft Neugierde, wenn es um ein “Geheimnis” geht. Darüber hinaus kostet es viel Kraft, die Fassade aufrecht zu erhalten und die eigenen Gefühle und Gedanken nicht zu zeigen.

Person mit Kinderwunsch hat Hände an einem Steuerrad
© iStock/Feliche Revares

Es ist Ihr gutes Recht, unabhängig von der Reaktion anderer zu entscheiden, wie viel Sie über Ihren Kinderwunsch teilen möchten. Leider ist es nicht möglich mit diesen Ideen alles richtig zu machen. Es ist aber möglich, sich ein bisschen besser vorbereitet zu fühlen. Das spart dann Energie in schwierigen Situationen. Daher hier nochmal kurz das Ganze zusammengefasst:

  • Fragen zur Familienplanung und dem eigenen Kinderwunsch bringen Betroffene häufig in schwierige Situationen. Das Karten-System hilft dabei, wie ein Schiedsrichter darüber zu entscheiden, wie viel Sie über Ihren Kinderwunsch preisgeben möchten.
  • Die grüne Karte ist für Situationen gedacht, in denen Sie sich wohl damit fühlen, offen über Ihren Kinderwunsch zu sprechen.
  • Die gelbe Karte eignet sich, wenn Sie Ihren Kinderwunsch nicht verheimlichen möchten und trotzdem keine weiteren Details über Ihren Kinderwunsch preisgeben möchten.
  • In Situationen, in denen Sie über Ihren Kinderwunsch nicht sprechen möchten, empfiehlt sich die rote Karte.

Für welche der Karten Sie sich entscheiden, kann sich je nach Lebensbereich, aber auch abhängig von der Stimmung und dem Gegenüber unterscheiden. Es kann hilfreich sein, sich im Vorhinein Gedanken zu diesem Thema zu machen und auch mit dem Partner/der Partnerin darüber zu sprechen. Wichtig ist: Nur Sie selbst entscheiden, was Sie über Ihren Kinderwunsch teilen und was Sie lieber für sich behalten. Denn das Wichtigste ist, dass Sie selbst sich damit wohlfühlen. Während es in manchen Momenten angenehm sein kann, den eigenen unerfüllten Kinderwunsch oder konkrete Details der eigenen Kinderwunschbehandlung für sich zu behalten, kann es in anderen Situationen wohltuend sein, sich mitzuteilen und Anteilnahme zu erfahren. Ebenso ist es gut möglich, dass sich Ihr Gefühl zum Umgang mit dem Thema des Kinderwunsches im Laufe der Zeit verändert. Dann können die Antworten auf den Karten entsprechend Ihrer Bedürfnisse angepasst werden.

Autorin: Sally Schulze

Sally Schulze ist Diplom-Psychologin, approbierte Psychotherapeutin und zertifizierte BKiD-Kinderwunschberaterin.